In seiner Begrüßungsrede verwies Rektor Prof. Dr. Christian Strecker auf den bedenkenswerten Umstand, dass der nun schon seit September 2014 an der Hochschule lehrende Alttestamentler zwar noch von der Inspiration des Anfangs zehren könne (daher auch der Anlass „Antrittsvorlesung“), die von Jean Paul im Falle von Antrittspredigten angekündigte baldige Erschlaffung derselben bei Michael Pietsch aber auch nach fast drei Semestern nicht festgestellt werden könne. Somit begrüßte der Rektor den „Neuen“ herzlich und tat die Erwartung kund, in Forschung, Lehre und Hochschulleitung gemeinsam neues Terrain zu erkunden.
Michael Pietsch äußerte zu Beginn seines Vortrages sein Bedauern, dass die versammelte Zuhörerschaft ihre eifrig mitgebrachten Bibliae Hebraicae nicht aufzuschlagen bräuchten. Stattdessen referierte Pietsch zur Auseinandersetzung um den Aufsatz des Berliner Systematikers Notger Slenczka „Die Kirche und das Alte Testament“, der von Friedhelm Pieper als „Neuauflage protestantischen Antijudaismus“ gebrandmarkt worden ist – eine Bewertung, die Pietsch als nicht zutreffend bezeichnete. Nach der Darstellung der auch für Slenczkas Darstellung wichtigen Positionen Schleiermachers und Harnacks zur Bedeutung des Alten Testaments für die christliche Theologie erläuterte Pietsch im Anschluss an Bernd Janowski das Konzept einer „konstrastiven Einheit“ der Schrift und forderte die Wahrnehmung und Interpretation des Fremden in Neuem und Altem Testament. Nur gemeinsam würden so beide Testamente zum „Wahrheitsraum des christlichen Glaubens“.
Der Nachmittag wurde musikalisch umrahmt von einem Instrumentaltrio (Franziska Richter, Susanne Weissenstein, Daniel Haardt) mit Musik von Telemann und C.Ph.E. Bach. Kaffee und Kuchen boten den Rahmen zu vielfältigen Gesprächen.