Terrorismus hat keine Religion!? Gastvortrag von Prof. Dr. Johannes Lähnemann
Prof. Lähnemann, seinerzeit Lehrstuhlinhaber für evangelische Religionspädagogik und Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, setzt sich seit langem intensiv für ein friedliches Miteinander und den gegenseitigen Austausch von Religionsgemeinschaften ein. Wie groß das Interesse auch an dieser Thematik derzeit auch in Deutschland ist, wurde schon beim Anblick eines vollen Seminarraums mit überaus interessierten Teilnehmern deutlich.
Gegenstand von Prof. Lähnemanns Vortrag waren in erster Linie seine Überlegungen, einer gewaltorientierten Deutung von Religionen etwas entgegenzusetzen. In einer konfliktreichen Zeit, in welcher auch häufig die Rolle von Religion in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werde, müsse auch die Theologie ihren Beitrag leisten. So ging Prof. Lähnemann auf den Umgang mit Gewaltdarstellungen in Bibel und Koran ein und machte sich in diesem Zug stark für die historisch-kritische Arbeit mit religiösen Texten, wie sie in der Evangelischen Theologie schon länger betrieben wird. Diese Texte müssten immer im Kontext ihrer Entstehung betrachtet werden. Ebenso müsse der grundsätzlich friedvolle Charakter sowohl von Christentum als auch des Islams vermehrt hervorgehoben werden, wie er sich in der Person Jesus Christus oder dem Gebot der Feindesliebe offenbart. Aus dieser Perspektive könnten Religionsgemeinschaften eben auch einen wichtigen Beitrag in Friedensprozessen leisten, wie es in der Vergangenheit bereits geschehen sei (z.B. in der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands). Im Anschluss formulierte Prof. Lähnemann in sechs Imperativen seine Forderung an die Hörerschaft zu aktivem Handeln in Politik, interreligiösem Dialog und Bildungsarbeit.
In der sich anschließenden Diskussion rückte vor allem der Bildungsaspekt in den Mittelpunkt. So folgten auch kritische Rückmeldungen aus der Hörerschaft, speziell zur Rolle islamischer Religionsgemeinschaften in der gegenwärtigen Bildungslandschaft der Bundesrepublik. Steht zumeist die Rolle der christlichen Kirchen durch ihren historischen Sitz im deutschen Sprachraum häufig nicht zur Disposition, müssten islamische Vereine und Verbände ihren Platz häufig immer wieder neu definieren und erklären. Als nicht hilfreich wurde u.a. die Verzweigung islamischer Verbände wie DITIB mit dem Türkischen Staat empfunden, sowie konservative islamische Strömungen im In- und Ausland, die noch zu häufig das öffentliche Bild bestimmten. Positiv zu erwähnen wären an dieser Stelle jedoch der Aufbau universitärer islamischer Zentren, wie beispielsweise in Münster, Tübingen oder Frankfurt, und die Entwicklung von Curricula für einen islamischen Religionsunterricht an Schulen. Die konkrete Umsetzung dieser Entwicklungen ist nach wie vor zu leistende Pionierarbeit an Schule und Universität.
Prof. Lähnemann schloss seinen Vortrag mit einem Appell: "Wir selbst sollten, jeder an seiner Stelle, fragen: Wo stehe ich? Was kann ich tun? Wo und wie kann ich mich einsetzen?" Diesen Fragen nachzugehen bleibt jedem nach diesem Vortrag selbst überlassen. Einen Anstoß und Raum für gemeinsame Überlegungen hat dieser Vortrag, über den Rahmen der Augustana hinaus, gegeben.
Per Olsen